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Antarctic Ice Piracy: When Glaciers Steal Ice From Neighbors.

Antarctic Ice Piracy: When Glaciers Steal Ice From Neighbors.

In den eisigen Weiten der Antarktis, einer Landschaft, die oft als statisch und unveränderlich wahrgenommen wird, spielen sich dynamische Prozesse von gewaltigem Ausmaß ab. Einer der faszinierendsten und erst kürzlich in seiner vollen Tragweite erkannten Vorgänge ist die sogenannte "Eispiraterie", bei der ein Gletscher seinem Nachbarn buchstäblich das Eis stiehlt. Dieses Phänomen wirft ein neues Licht auf die komplexen Interaktionen innerhalb des antarktischen Eisschildes und hat weitreichende Implikationen für unser Verständnis von Gletscherdynamik und Meeresspiegelanstieg.

Jüngste Forschungen, insbesondere in der Westantarktis, haben gezeigt, dass dieser eisige Diebstahl weitaus schneller vonstattengehen kann, als Wissenschaftler bisher annahmen. Anstatt über Jahrhunderte oder gar Jahrtausende ablaufender Prozesse, deuten Satellitendaten darauf hin, dass sich solche Umlenkungen von Eisströmen innerhalb weniger Jahrzehnte vollziehen können.

Der Tatort: Die Pope-, Smith- und Kohler-Gletscher Region

Ein besonders aufschlussreiches Beispiel für diese Eispiraterie wurde in der Region der Pope-, Smith- und Kohler- (PSK) Gletscher in der Westantarktis beobachtet. Forscher der University of Leeds und des British Antarctic Survey analysierten hochauflösende Satellitenbilder und Gletscherspalten, um den Verlauf und die Geschwindigkeit der Gletscher zwischen 2005 und 2022 zu untersuchen. Dabei stellten sie fest, dass sich sieben der acht großen Eisströme in dieser Region beschleunigt hatten und im Durchschnitt 51 Prozent schneller Richtung Meer flossen als noch im Jahr 2005. Ihre Durchschnittsgeschwindigkeit an der Grenzlinie zur Amundsensee betrug zuletzt etwa 700 Meter pro Jahr. Einige Gletscher, wie der Kohler East, beschleunigten sich um 60 bis 85 Prozent, der Smith West sogar um 87 Prozent und fließt heute fast doppelt so schnell wie 2005.

Die große Überraschung offenbarte sich jedoch beim Kohler-West-Gletscher: Im Gegensatz zu seinen Nachbarn verlangsamte er sich im selben Zeitraum um zehn Prozent. Die Ursache für diese Diskrepanz ist ein Akt der "Eispiraterie". Der schneller fließende und dünner werdende Kohler-East-Gletscher begann, Eis von seinem langsameren Nachbarn, dem Kohler-West-Gletscher, abzuzweigen und quasi zu "stehlen". Dieser Prozess führte dazu, dass der Eisstrom von Kohler West umgeleitet wurde und seine Fließgeschwindigkeit abnahm, während Kohler East durch das zusätzliche Eis weiter an Fahrt aufnahm.

Die Geschwindigkeit des Diebstahls verblüfft die Forschung

Was die Wissenschaftler besonders verblüffte, war die Geschwindigkeit dieses Vorgangs. Bisher ging man davon aus, dass solche Umlenkungen von Gletschern extrem langsame Prozesse sind, die sich über Hunderte oder Tausende von Jahren erstrecken. Die Satellitendaten aus der PSK-Region zeigten jedoch, dass diese spezifische Eispiraterie im Verlauf von weniger als 18 Jahren stattfand. Diese Erkenntnis ist bahnbrechend, da sie zeigt, wie dynamisch und schnell sich Eisschilde verändern können.

Die treibenden Kräfte hinter der Eispiraterie

Die Hauptursache für diese beschleunigten Eisbewegungen und die daraus resultierende Piraterie wird im Klimawandel gesehen. Steigende Meerestemperaturen und veränderte Meeresströmungen, insbesondere in der Westantarktis, führen zu einem schnelleren Schmelzen des Eises, vor allem an der Aufsetzlinie – dem Bereich, in dem das Eis vom Land ins Meer übergeht und zu schwimmen beginnt. Wenn diese Aufsetzzone durch wärmeres Ozeanwasser von unten schmilzt, verliert der Gletscher an Halt und kann schneller fließen. Dieser Prozess beeinflusst auch den Eisfluss weiter landeinwärts.

Im Fall des Kohler East und West vermuten die Forscher, dass das schnellere Schmelzen an der Aufsetzzone des Kohler East dazu führte, dass dieser an Geschwindigkeit gewann und dünner wurde. Dadurch konnte er buchstäblich Eis von seinem benachbarten, langsameren Gletscher Kohler West "absorbieren". Diese Umlenkung der Fließbewegung eines Gletschers in einen anderen stellt eine direkte Folge der veränderten Bedingungen an der Gletscherbasis dar.

Kein völlig neues Phänomen, aber in neuem Tempo

Das Konzept der "Piraterie" ist in der Geowissenschaft nicht gänzlich unbekannt. Von Flüssen ist schon lange bekannt, dass sie einander Wasser abgraben können, indem ein Fluss sein Einzugsgebiet auf Kosten eines anderen erweitert. Auch für Gletscher wurde ein ähnliches Verhalten vermutet, doch die Beobachtung eines solchen Prozesses über so kurze Zeiträume ist neu und wurde erst durch moderne Satellitentechnologie möglich.

Weitreichende Auswirkungen auf die Stabilität des Eisschildes und den Meeresspiegel

Die Entdeckung dieser schnellen Eispiraterie hat erhebliche Auswirkungen auf unser Verständnis der Stabilität des antarktischen Eisschildes. Die Umlenkung von Eisströmen beeinflusst die Dicke und Stabilität der vorgelagerten Schelfeise. Schelfeise wiederum spielen eine cruciale Rolle, da sie wie ein Korken in einer Flasche wirken und das Abfließen der landgestützten Gletscher ins Meer bremsen. Wenn sich diese Schelfeise durch veränderte Eiszuflüsse oder wärmeres Wasser destabilisieren, kann dies zu einem beschleunigten Eisverlust der dahinterliegenden Gletscher führen.

Allein die Gletscher in der Westantarktis, darunter Pine Island, Thwaites, Haynes, Pope, Smith und Kohler, bergen das Potenzial, den globalen Meeresspiegel um etwa 1,20 Meter ansteigen zu lassen. Die beobachtete Eispiraterie ist ein weiterer Mechanismus, der zu dieser Instabilität beitragen kann. Die Veränderungen in der PSK-Region, wo die Dotson- und Crosson-Schelfeise Eis von den Kohler-Gletschern empfangen, zeigen, wie sich der Massenfluss in diese Schelfe durch die Eispiraterie verändert. Dies könnte das Dotson-Schelfeis stabilisieren, aber den Zerfall des Crosson-Schelfeises beschleunigen.

Diese Prozesse sind nicht isoliert zu betrachten. Die gesamte Antarktis reagiert auf den globalen Klimawandel. Die Antarktische Halbinsel und die Westantarktis erwärmen sich besonders stark. Der Verlust von Inlandeis, insbesondere in der Westantarktis, ist erheblich, und kalbende Gletscher tragen große Mengen an Süßwasser und Sedimenten ins Meer ein. Die Instabilität von Gletschern wie dem Thwaites-Gletscher, auch als "Weltuntergangsgletscher" bekannt, ist ein weiteres besorgniserregendes Anzeichen für die Fragilität des westantarktischen Eisschildes.

Die Bedeutung für zukünftige Prognosen

Die neuen Erkenntnisse über Eispiraterie sind entscheidend für die Verbesserung von Klimamodellen und Prognosen zum Meeresspiegelanstieg. Je detaillierter Wissenschaftler die dynamischen Prozesse innerhalb der Eisschilde verstehen, desto genauer können sie zukünftige Veränderungen vorhersagen. Dies ist unerlässlich, um Anpassungsstrategien an den Klimawandel zu entwickeln und politische Entscheidungen für die Zukunft zu treffen. Die Forschung zeigt, dass die Wechselwirkungen zwischen den Eisschilden an Land und dem Meereis auch kurzfristig wichtige Faktoren für die Eisentwicklung in der Antarktis sind – ein Aspekt, der bisher möglicherweise unterschätzt wurde.

Ein Kontinent im Wandel

Die Entdeckung der rasanten Eispiraterie unterstreicht einmal mehr, dass die Antarktis kein starres, ewiges Eisgebilde ist, sondern ein hochdynamisches System, das empfindlich auf Veränderungen reagiert. Phänomene wie das Stehlen von Eis zwischen benachbarten Gletschern sind Puzzleteile in einem komplexen Bild des Wandels. Die kontinuierliche Überwachung durch Satelliten, gekoppelt mit Feldstudien und Modellierungen, wird weiterhin entscheidend sein, um die Geheimnisse dieses eisigen Kontinents zu entschlüsseln und die Folgen des Klimawandels für die globale Gemeinschaft besser abschätzen zu können. Die "Eispiraten" der Antarktis haben uns eine wichtige Lektion erteilt: Die Veränderungen am Südpol geschehen möglicherweise schneller und auf komplexere Weise, als wir es uns je vorgestellt haben.

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